Warum ich nicht am städtischen Empfang in Tübingen teilnehmen werde

19. April 2023

Zum Amtseid eines Oberbürgermeisters gehört die Zusicherung, die Pflichten gewissenhaft zu erfüllen und das Wohl der Gemeinde und ihrer Einwohner*innen zu wahren und nach Kräften zu fördern. Diesen Amtseid hat Boris Palmer durch seine Aussagen und sein Handeln nach dem gewaltsamen Tod von Basiru Jallow sträflich verletzt.


Er hat sich eindeutig rassistisch geäußert, das Opfer diskreditiert, Informationen aus einer Ausländerakte an die Öffentlichkeit gezerrt, die nicht den Stand der Verurteilungen wiedergeben und die dem Datenschutz unterliegen.


Er sprach davon, „dass hier die Opfer-Täter-Konstellationen durcheinandergehen“, und trug doch als einziger dazu bei, dass hier etwas durcheinander geht.


Seine Aussagen waren vorverurteilend – und da ist es egal, ob sich die Vermutungen später bestätigen werden oder nicht. Die Argumentation Oberbürgermeister Palmers offenbart ein problematisches Bild von Polizei und Justiz.


Was mich besonders bewegt, ist die Tatsache, dass Oberbürgermeister Palmer ein kulturübergreifendes Ethos im Umgang mit dem Andenken Verstorbener mit Füßen getreten hat. Das macht etwas mit unserer Stadtgesellschaft, das in eklatantem Gegensatz zum Amtseid eines Oberbürgermeisters steht.


Seit vielen Jahren nehme ich selbstverständlich am Empfang der Stadt Tübingen teil. Ich werde das am Freitag nicht tun. Am 23. März ist ein junger Mann im Herzen unserer Stadt getötet worden. Und am 23. März ist etwas in unserer Stadt zerbrochen. Jede und jeder von uns ist gefordert, daraus die eigenen Konsequenzen zu ziehen.