Abgeordnetenspalte:
Die Geister, die Rukwied rief

12. Januar 2024

Dieser Text erschien am 8. Dezember 2023 im Schwäbischen Tagblatt in der Rubrik „Abgeordnetenspalte“


Bundesweit demonstrierten diese Woche Landwirte gegen geplante Kürzungen von klimaschädlichen Subventionen im Agrarbereich. Das ist in einer Demokratie wie der unseren ihr gutes Recht. Und natürlich kann man darüber trefflich streiten. Die Bundesregierung war offen für Kritik und hat nun auch einen akzeptablen Kompromiss vorgelegt. Nur als Einordnung: Setzt man die geplanten Kürzungen in Relation zu den gesamten Subventionen für die Landwirtschaft fällt auf: Um gerade einmal fünf Prozent werden die Subventionen gekürzt – 95 Prozent fließen auch weiterhin. Und kaum eine Branche wird derart stark subventioniert wie der Agrarsektor. 2,4 Milliarden aus dem Bundeshaushalt fließen in die Landwirtschaft, 6,3 Milliarden im Jahr bekommen die deutschen Bauern dazu noch aus Brüssel. Fast ein Drittel des EU-Haushaltes fließt nur in Agrarsubventionen. Das könnte man im Europawahljahr auch erwähnen, statt nur über Brüssel zu schimpfen. Im Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestags stimmten übrigens auch AfD und die CDU für die Abschaffung der KFZ-Steuerermäßigung für die Bauern.


Es zeigt sich in diesen Tagen, dass diese Proteste auch von vielen instrumentalisiert werden, denen es nicht in erster Linie um Agrarpolitik geht. Wegen eines politischen Disputs droht man nicht die Fähre, auf der der Vizekanzler aus dem Urlaub zurückkommt, nachts zu stürmen. Man fährt nicht mit Galgen auf dem Traktor durch die Gegend. Man droht nicht mit Putsch und Umsturz. Bauernverbandspräsident Rukwied hat Proteste, „die das Land noch nicht erlebt hat“ angekündigt und damit Geister gerufen, die er nicht mehr loswird. In den Telegramkanälen der Republik ging es um den Kampf gegen die Ampelkoalition, gegen die verhasste Elite, gegen die freiheitliche Republik. Die demokratische Mitte muss zusammenstehen, Unzufriedenheit ernstnehmen und die richtigen Worte finden. Auch in Richtung gerade der Christdemokratie sage ich ganz klar: Wer sich für billige politische Gewinne mit denen gemein macht, die unsere Demokratie untergraben, der spielt mit dem Feuer.


Die aktuelle Berichterstattung zeigt, was droht, wenn Rechtsextreme einmal Macht in den Händen sollten. Alle Demokraten sind angewiesen das zu verhindern.